RIO: Das Open-Source-Geoportal des Oberbergischen Kreises

von Marina Kühn, Oberbergischer Kreis und Astrid Emde, WhereGroup

Infobrief 02 | 2020

 

RIO – kurz für „Rauminformation Oberberg“ – benennt das Geoportal des Oberbergischen Kreises [1]. Dieses möchten wir Ihnen im Folgenden als Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Open-Source-Software im kommunalen GIS-Bereich vorstellen. Der Oberbergische Kreis (OBK) liegt östlich von Köln und umfasst insgesamt 13 Städte und Gemeinden. Auf einer Fläche von 919 Quadratkilometern leben ca. 272.000 Einwohner. Der Kreis umfasst ca. 300.000 Flurstücke.

Als katasterführende Stelle ist der OBK zuständig für zahlreiche Fragestellungen rund um die Geodatenverarbeitung. Aktuell betreuen im Amt für Geoinformation und Liegenschafts­kataster 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Themen Geoinformation, Liegenschaftskataster und Grundstücksbewertung. Das Geoportal selbst wird von einem Team um Frank Härtel, dem Leiter des Geodaten­management, betreut. Marina Kühn, Sylvia Preuß, Jutta Lusebrink und Johannes Müller setzen die zahlreichen Anforderungen aus den unterschiedlichen Fachbereichen im Geoportal um.

In RIO kommen verschiedene etablierte Open-Source-Projekte zum Einsatz. So erfolgt die Datenhaltung über die Daten­bank PostgreSQL samt räumlichem Aufsatz PostGIS. Die Veröffentlichung der Daten als Kartendienst (OGC WMS) erfolgt über MapServer. Und die Anwendungen werden über den WebGIS-Client Mapbender aufgebaut. Optisch ist das Portal in einem ansprechenden, der Corporate Identity des Kreises entsprechenden Design angelegt; Kartendienste und Anwendungen sind aufeinander abgestimmt (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: RIO - Anwendung Bauen und Wohnen (Screenshot: Astrid Emde, WhereGroup)

 

Lange GIS-Tradition beim OBK

Der OBK gehört zu den ältesten Kunden der WhereGroup bzw. ihrer Vorgängerfirma CCGIS. Bereits seit Ende der 80er Jahre werden beim Oberbergischen Kreis Geoinformationen zu Geodaten aufbereitet. Beginnend mit den Arbeiten zum Aufbau der Automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) wurden im damaligen Vermessungs- und Katasteramt (heute: Amt für Geoinformation und Liegen­schaftskataster) die Personal- und Sachmittel eingesetzt, um Geobasis­daten bereitstellen zu können.

In der ersten Hälfte der 90er Jahre fanden vergleichbare Prozesse im Planungs- und Umweltamt statt (beispielhaft FNP, Landschaftspläne u. a.). Darauffolgend war die Einführung rasterbasierter Geobasisdaten ein wesentlicher Schritt zur intensiveren Nutzung von Geoinformationen. Mit der Aufbereitung weiterer Geobasisdaten entstanden zunehmend größere Herausforderungen bei Datenaustausch und -nutzung. Zudem fehlte die Möglichkeit, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Geo-Informationen in hoher Aktualität und wirtschaftlich nutzbar zur Verfügung zu stellen.

Zeitgleich wuchs beim Vermessungs- und Katasteramt die Notwendigkeit, zur Vermeidung von Doppelarbeit die ALK als amtliche Karte einzuführen und gleichzeitig eine qualifizierte Auskunftslösung zu finden. In einem hausinternen Prozess wurden die einzelnen Anforderungen definiert; nach einem aufwendigen Auswahlverfahren fiel die Entscheidung der Auftragsvergabe an das Consulting Center für Geographische Informations­systeme (CCGIS - Vorgängerfirma der WhereGroup).

Im Jahr 2004 erfolgte dann die Einführung eines webbasierten GIS auf Basis von Mapbender und ALK-Daten. Zunächst als Intranet-Lösung eingeführt, folgte 2006 die Internet-Lösung. Zwei Jahre später stellte der OBK auf das Datenformat ALKIS um. In diesem Zusammen­hang erfolgte eine Beteiligung des Kreises am PostNAS-Projekt. Über dieses werden die ALKIS Daten inwertgesetzt, ein Import der NAS-Dateien bereitgestellt sowie u. a. die Visualisierung, Beauskunftung und Suche im Web angeboten [2].

Im Laufe der Jahre und im Rahmen einer sehr partnerschaftlichen Zusammenarbeit hat das OBK-Team konsequent eigenes Know-how aufgebaut, Neuerungen selbst umgesetzt und von der Where­Group Anpassungs- und Programmierdienstleistungen in Anspruch genommen.

 

Die Datenhaltung im Geoportal

Gepflegt werden die meisten Daten vom Kreis, zum Teil direkt auf der PostgreSQL Datenbank. Weitere Daten werden nächtlich über Schnittstellen aus anderen Systemen in die Datenbank überführt und stehen so am nächsten Tag zur Verfügung. Bei der Datenübertragung kommen Shellskripte, aber vor allem auch das proprietäre Programm FME zum Einsatz.

Ein gutes Beispiel für eine solche Dateneinpflege per Schnittstelle ist das Geschäftsbuch „GEORG“ für die Auftragsverwaltung des Amtes. Es erfolgt ein nächtlicher Abzug aus GEORG nach Postgre­SQL. Informationen wie Bauscheine und Aufträge für Gebäudeeinmessung können so tages­aktuell in Mapbender leicht gefunden und im Gesamtzusammenhang mit anderen Daten beurteilt werden. Weitere Daten, die nächtlich per Schnitt­stellen aktualisiert werden, sind bespielsweise:

• ALKIS-NAS-Dateien aus dem Programm DAVID über NorGIS ALKIS Import,
• die Zentrale Kaufpreissammlung (ZKPS),
• Excel-Dateien zu unterschiedlichen Themen, z. B. Corona-Fälle.

 

Kartendienste unterschiedlichster Art

In RIO sind mehr als 200 eigene WMS-Dienste im Einsatz. Diese decken unterschiedliche Aufgabengebiete der einzelnen Ämter – aber auch der Städte und Gemeinden – ab. Beispiele dafür sind die Liegenschafts­karte, Freizeitinformationen, die Kleinräumige Gliederung, Rettungswachen, Flächennutzungsplanung, Altlasten, Kindergärten, der Breitbandausbau, das Projekt „Unser Dorf hat Zukunft“, Gewerbefrei­flächen, Historische Luftbilder u.v.m.

Neben eigenen Diensten werden zusätzlich externe WMS-Dienste eingebunden wie der WebAtlasDE der GDI-DE, DOP und Schummerung der GDI-NRW, das Stadtplanwerk vom Regionalverband Ruhr, das Gewässernetz des Wupperverbands und das Straßennetz vom Landesbetrieb Straßen NRW.

 

Anwendungen in Internet und Intranet

Die Informationen der Kartendienste werden in nahezu 50 Anwendungen den Nutzern zur Verfügung gestellt; zehn davon als öffentliche Anwendungen im Internet. Dazu zählen Bauen und Wohnen, Familie und Soziales, Freizeit und Tourismus oder Historische Karten. Diese Anwendungen sind zentral auf der Startseite des Geoportals verlinkt (vgl. Abb. 2). Im Internet gibt es monatlich etwa 5.000 Anwendungsaufrufe, wobei das größte Interesse im Bereich Bauen und Wohnen liegt.

Seit Mai 2020 ist eine starke Zunahme der Gesamtzahl der Aufrufe zu beobachten. Zu erklären ist dies durch die Einbindung der neuen Corona-Anwendung, welche eine aktuelle Auskunft über COVID-19-Fälle im Kreis gibt (vgl. Abb. 3).

Abb. 2: RIO - Fachanwendungen (Screenshot: Antje Gerstenberger, WhereGroup)

 

Im kreisinternen Intranet liegt die Zahl der Anwendungsaufrufe auch bei rund 5.000. Unterschiedliche Nutzergruppen haben hier über das Rechte-Rollen-System in Mapbender definierte Zugriffsmöglichkeiten auf Fachinformationen. Die einzelnen Gemeinden im OBK nutzen darüber hinaus eigene Anwendungen für die Erstellung und den Verkauf von Kartenauszügen, das Bearbeiten von Hausnummern sowie das Erstellen von PDF-Mitteilungen.

Abb. 3: RIO - Covid-19-Fälle (Screenshot: Astrid Emde, WhereGroup)

 

Besonderheiten des Geoportals

Eine große Stärke des Geoportals sind die Suchfunktionen: Über Mapbender und den Search­Router können sehr einfach Suchanfragen auf verschiedenste Daten gestellt werden. So gibt es in den Fachanwendungen beispielweise spezielle Suchen nach Straßenschlüsseln, Pseudohausnummern oder historischen Flurstücken. Darüber hinaus kann über die Einfeldsuche via Solr Service sehr schnell nach einer Adresse gesucht werden. Hervorzuheben ist auch die Datenerfassung über das WebGIS: In Mapbender können Daten unterschiedlichster Fachbereiche direkt erfasst und visualisiert werden. Dies sind im OBK derzeit:

• Informationen zu erteilten Auskünften (Vermerken von Telefonnotizen)
• Hausnummern
• Erfassung zu Pflegeeinrichtungen (Tages­pflege, Servicewohnen, ambulante Pflegedienste, ambulant betreute Wohngemeinschaften, Pflegeeinrichtungen)
• Flächennutzungspläne (Geometrieanpassung und Sachtexteditierung)

Eine weitere Besonderheit von RIO ist die in Mapbender integrierte Möglichkeit des Drucks von Sachdaten aus der Info-Abfrage heraus. Dieser wird bei der Hausnummernvergabe verwendet (vgl. Abb. 4).

Abb. 4: Mapbender - in der Formularansicht für den BBS (Screenshot: Astrid Emde, WhereGroup)

 

Bemerkenswert sind ferner die Schnittstellen des WebGIS Mapbender zu verschiedensten Spezialanwendungen:

• So können Nutzer im Intranet über einen Klick ins Kartenfenster an entsprechender Stelle den Schrägluftbildviewer der Firma virtualcitySYSTEMS öffnen.
• Die ALKIS-David-Buchauskunft der Firma ibR kann ebenfalls direkt aus Mapbender heraus aufgerufen werden.
• Im Intranet können VRS-Haltestellen über die Infoabfrage beauskunftet werden (siehe Haltestellen in der Anwendung Bauen und Wohnen).
• Bei den Kindergärten können direkt im Geoportal Betreuungsanfragen über Lit­tle­Bird erstellt werden.

 

Vorteile der Open-Source-Software

RIO setzt sich aus unterschiedlichen Open-Source-Projekten zusammen. Diese können flexibel kombiniert werden - einzelne Software könnte theoretisch ohne Weiteres ausgetauscht werden. Ein großer Gewinn ist der regelmäßige fachliche Austausch inner­halb der Community, der dem Know-how-Aufbau zugutekommt. Über Mailing­listen, Anwendertreffen und Konferenzen – wie der FOSSGIS-Konferenz oder den QGIS- und PostNAS-Anwendertreffen – werden aktuelles Fachwissen vermittelt und anfallende Fragen geklärt. Aber auch die Open-Source-Projekte selbst profitieren von den Nutzern: Als erfahrene Power­user tragen die Geoportal-Teammitglieder des OBK mit der Meldung von Bugs zur Qualitätssicherung der Software bei.

Einen weiteren Vorteil des Einsatzes von Open-Source-Software sieht der OBK in der Möglichkeit, Neuentwicklungen innerhalb eines Projektes initiativ anstoßen zu können und so eigene Anforderungen besser umzusetzen. So hat der OBK im Mapbender-Projekt die Entwicklung der geteilten Diensteinstanzen finanziert. Diese Anpassung vereinfacht die Administration von Anwendungen mit vielen Diensten enorm und steht der gesamten Community ab Mapbender Version 3.2 zur Verfügung (vgl. Artikel Mapbender Release 3.2.0 in diesem Info­brief).

 

Ausblick

In nächster Zeit stehen im Geoportal des Oberbergischen Kreises folgende neue Herausforderungen an:

• Mapbender-Update auf Version 3.2 und Aufbau eines responsiven Designs
• Im Bereich ALKIS steht die Umstellung auf die GeoInfoDoc 7 an.
• Umsetzung der XPlanung und Einführung eines Standards bei der Bauleitplanung.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass RIO ein sich stetig weiterentwickelndes Sytem ist, welches vom Oberbergischen Kreis konsequent an neue Anforderungen angepasst wurde. Es erfreut sich sowohl bei den Fachanwendenden als auch den Bürgern großer Beliebtheit.

 

Weiterführende Links

[1] https://rio.obk.de
[2] http://PostNAS.org
[3] https://rio.obk.de/mapbender3/app.php/application/RIO_PostNAS_Demo

 

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