Community • 05. Mai 2023

200 QGIS-Nutzer*innen und Entwickler*innen in s'-Hertogenbosch

's-Hertogenbosch, oder im üblichen Sprachgebrauch – sehr zur Freude/Beruhigung aller internationalen Besucher*innen "Den Bosch" genannt, ist eine kleine Stadt im Süden der Niederlande. Um eine historische Zitadelle herum erstreckt sich ein Netz aus ruhigen Straßen und kleinen Gassen, gemütlichen Reihenhäusern, Cafés, Kanälen, Natur... Fahrräder beherrschen das Straßenbild; Beete, Sitzgelegenheiten und Spielplätze statt Auto-Parkplätzen.

In Den Bosch fand am 18. und 19. April eine internationale QGIS-Konferenz statt, gefolgt von einem viertägigen Entwickler*innen-Treffen.

QGIS User Conference

Zur Konferenz kamen fast 200 Menschen aus aller Welt zusammen, um sich zu und über QGIS auszutauschen. Komplett vor Ort und endlich wieder (fast ganz) ohne Berührungsängste.

Mit einem großen Angebot an Vorträgen, Workshops und spontanen BoF-Treffen war es gar nicht einfach zu entscheiden, was man sehen und hören oder mit wem man sprechen wollte. Die Veranstalter hatten ein wirklich tolles Programm zusammengestellt und die Teilnehmer*innen sorgten für eine herrlich entspannte, gesellige Atmosphäre.

Seitens der WhereGroup hatte ich die Ehre unser (finanziert und maßgeblich mitgestaltet von der Hessischen Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation) QGIS-Plugin Räumlicher Filter vorzustellen, dessen Funktionalität zu Freudenrufen aus dem Publikum führte. Die Folien sind hier als PDF herunterladbar. Die Vorträge der User Conference wurden nicht aufgezeichnet, aber für weitere Informationen ist mein Lightning Talk auf der FOSSGIS 2023 online verfügbar als auch der Blogpost Räumliche Filter für effiziente(re)s Arbeiten: Ein neues QGIS-Plugin.

Im Vortragsprogramm beeindruckte mich besonders eine Demonstration von Speckle, einer umfangreichen Open-Source-Lösung für den Austausch von CAD- und BIM-Formaten zwischen diversen Programmen (wie Revit, Grasshopper, Rhino, AutoCAD, Unreal Engine, Power BI, Blender, ... und QGIS). Als weitere Inspirationen nahm ich unter anderem die Ideen mit Änderungen an Geodaten mit pytest zu tracken und GRETL als GIS-ETL in Prozesspipelines einzubinden. Besonders launig war ein Vortrag über die Erstellung von tausenden von Infografiken zu "Grünen Schulen" im Rahmen des Boomfeestdag mit der Atlasfunktion von QGIS (und die teils betrüblich ungehaltenen Reaktionen der weniger grünen Schulen). Eine Sammlung von Folien und Workshopmaterial gibt es im Blog von Ujaval Gandhi.

Der rege Austausch über Neuentwicklungen, Pläne und Kollaborationen sowie das Wiedersehen und Kennenlernen vieler Gesichter aus der internationalen Community war sehr schön. Und endlich einmal Ujaval Gandhi, einen bekannten QGIS-Trainer-"Kollegen" aus Indien kennenzulernen, war ein besonderer Moment gegenseitiger Freude. Sehr hilfreich und praktisch war auch ein gemeinsam genutzter Chatraum für den asynchronen Austausch mit allen anderen Teilnehmer*innen, für Verabredungen, Witze und Fotos. Warum nicht jede große, mehrtägige Veranstaltung heutzutage so einen praktischen Seitenkanal anbietet, ist mir schleierhaft.

Contributor Meeting

Das Entwickler*innen-Treffen startete anschließend mit einem "Onboarding"-Tag, wo zu unterschiedlichsten Themen Einführungsworkshops angeboten wurden. Von der generellen Orientierung in der Community, über erste Sprachübersetzungen der QGIS-Oberfläche bis zum Kompilieren des Quellcodes war für jede und jeden etwas dabei.

Wie schon auf dem Entwickler*innen-Treffen in Florenz vor der FOSS4G im letzten August, nutzte ich meine Zeit primär, um einen weiteren kleinen Beitrag zum QGIS "Core" umzusetzen: Diesmal die Erweiterung des Identify-Tools um Anzeige der angeklickten Spalten und Zeile bei Rasterlayern.

Daneben nahm ich an Gesprächen zu aktuellen und zukünftigen Themen von QGIS teil und arbeitete an weiteren kleineren Verbesserungen (u.a. Processing-Algorithmen, Dokumentation, Best Practises und Performanz in freiem Lehrmaterial, detaillierte Bugreports und aß viel Käse und leckere venezolanische Kekse.

Besonders schön: Die Verwirrung von gleich drei erfahrenen QGIS-Entwickler*innen, als mein C++-Test-Code ohne jegliche Infos abstürzte und die spätere Erkenntnis, dass es an einem schlichten Index-Fehler (der Versuch einen bestimmten Eintrag aus einer Liste zu lesen, wobei die Liste keine Einträge hatte) lag. Nicht nur die Freude, dass der Code anschließend funktionierte, sondern auch die Beruhigung als C++-"Frischling", dass manchmal auch die erfahrensten Entwickler*innen triviale Probleme nicht sofort identifizieren können. Wir sind alle nur Menschen :)

Fazit

Ein Besuch der nächsten QGIS-Anwender*innen-Konferenz möchte ich wirklich uneingeschränkt allen empfehlen, die jegliche Berührungspunkte mit QGIS haben. Egal ob Museumsmitarbeiter*in, Stromtrassenplaner*in, Farmer*in, Hydrolog*in, Immobilienmakler*in, GIS-Expert*in oder Lehrer*in, ob aus Portugal, Österreich, Argentinien, Griechenland, Indien, den Phillippinen oder Kiel, ob Anfänger*in oder QGIS-Urgestein, oder oder oder... Die Diversität der Community wird gepflegt und offenherzig gelebt. Wo am selben Tisch rechts über Stacktraces von Softwaretests mit Qt3D diskutiert und links zum ersten Mal ein QGIS-Plugin installiert wird, da finden alle einen Platz. Bis dann!

Hannes Kroeger

Johannes Kröger

Nach einem Abschluss als Master of Science Geomatik an der HafenCity Universität Hamburg arbeitete Johannes Kröger mehrere Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im dortigen Lab for Geoinformatics and Geovisualization (g2lab) in der Lehre und Forschung. Seit März 2020 ist er als GIS-Entwickler und -berater bei der WhereGroup tätig. Johannes Kröger ist auch privat im Umfeld von Kartografie, Open-Data und FOSSGIS aktiv.

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