Projekte • 15. September 2024

Artenvielfalt, Naturschutz und Rohstoffe? Kein Widerspruch! Die bundesweite Biodiversitätsdatenbank der Baustoff-Steine-Erden-Industrie

Biodiversität, oder biologische Vielfalt, bezieht sich auf die Vielfalt des Lebens auf der Erde in all ihren Formen und der Vielfalt der Ökosysteme, in denen diese Arten leben. Biodiversität umfasst alle Lebewesen – Pflanzen, Tiere, Pilze, Mikroorganismen – und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören.

Sie ist entscheidend für das Überleben und die Gesundheit unseres Planeten. Sie unterstützt grundlegende ökologische Prozesse, sichert die Verfügbarkeit von Ressourcen für zukünftige Generationen und trägt zum Wohlbefinden der Menschheit bei. Der Schutz und die Förderung der Biodiversität sind daher von zentraler Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung und müssen bei Eingriffen in unsere Umwelt stets berücksichtigt werden.

Aktuelle Tendenzen zeigen jedoch einen dramatischen Rückgang an Insekten sowie Vogel- und Pflanzenarten. Obwohl sich 196 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt vertraglich zum Schutz der Biodiversität verpflichtet haben, gibt es bis heute kaum verfügbare Daten wie sich die Artenvielfalt in verschiedenen Ökosystemen entwickelt.

Als WhereGroup möchten wir hierzu einen Beitrag leisten und Ihnen vor diesem Hintergrund das Projekt „Entwicklung und Implementierung einer bundesweiten Biodiversitätsdatenbank“ vorstellen, welches wir seit 2017 gemeinsam mit unserem Auftraggeber, dem Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden e.V. (bbs), umsetzen.

Zum Hintergrund

Der biologischen Vielfalt kommt in der Baustoff-Steine-Erde-Industrie eine bedeutende Rolle zu. Um Baustoffe für Häuser, Straßen, Windräder und vieles mehr herzustellen, gewinnen die Unternehmen der Branche Rohstoffe. Ein Eingriff in die Natur ist dabei unvermeidbar. Gleichzeitig entstehen hier aber verschiedenste ökologisch wertvolle Lebensräume, die sich ansonsten kaum noch in unserer Kulturlandschaft finden. Diese Lebensraumvielfalt lockt zahlreiche, zum Teil besonders geschützte Arten an. Betriebene und aufgelassene Gewinnungsstätten der Steine-Erden-Unternehmen weisen hohe Artenzahlen mit einem großen Anteil gefährdeter Biotoptypen, Tier- und Pflanzenarten auf.

Wir sprachen dazu mit Tanja Lenz, unsere Ansprechpartnerin und Koordinatorin dieses Projektes beim bbs.

WhereGroup: Frau Lenz, was war der Auslöser dafür, dass Sie dieses Projekt angestoßen haben?

Tanja Lenz: Das Thema Biodiversität gewinnt im politischen Raum zunehmend an Bedeutung. Daher wird es für uns immer wichtiger aufzuzeigen, dass bereits während und nach der Gewinnung von Rohstoffen wertvolle Sekundärlebensräume für viele gefährdete Arten entstehen. Bereits heute sichern Betreiber von Abbaustätten Lebensräume für viele Brutvögel in Fels- und Steilwänden oder auf Kies- und Schotterflächen (z.B. für Uhu, Wanderfalke, Uferschwalbe und Flussregenpfeifer). Ebenso werden Lebensräume für viele gefährdete Amphibienarten (wie Kammmolch, Wechselkröte oder Gelbbauchunke), Insekten (Wildbienen, Libellen etc.), Pflanzen (z.B. Orchideen) und zahlreiche weitere besonders seltene Pionierarten und Lebensraumspezialisten geschaffen und erhalten.

Jedes unserer Unternehmen hat Biodiversitätsdaten, z. B. aus Genehmigungsverfahren, aus der Zusammenarbeit mit Biologischen Stationen, aus freiwilligen Monitorings oder Forschungsvorhaben. Mit der Datenbank wollen wir die Daten endlich zusammenführen, um zukünftig darlegen zu können, welchen Beitrag unsere Branche zum Erhalt der Biodiversität leistet. Damit tragen wir auch unserer gesellschaftlichen Verantwortung Rechnung, denn Biodiversität ist für uns genauso wichtig wie der effiziente Einsatz von Ressourcen und eine klimaneutrale Produktion.

WhereGroup: Die Biodiversitätsdatenbank ist nur einem bestimmten Kreis von Nutzer*innen zugänglich. Warum ist das so? Und wie können Sie sicherstellen, dass die Datenbank den Beitrag Ihrer Branche zur Artenvielfalt wirklich aufzeigen kann.

Tanja Lenz: Die Datenbank ist lediglich für Unternehmen und Verbände unserer Branche einsehbar, das ist richtig. Auch innerhalb der Datenbank kann jedes Unternehmen entscheiden, welche Daten es für die Verbände sichtbar macht. Dieser Datenschutz war uns sehr wichtig.

Jedes Unternehmen kann die Datenbank bzw. seine eigenen Daten im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, zur Kooperation mit regionalen (Naturschutz-)Akteuren oder -behörden oder im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nutzen. Auswertungen seitens der Verbände werden jedoch stets auf aggregierter Ebene erfolgen. Für Außenstehende kann ich aber schon heute den öffentlich zugänglichen Best-Practice Bereich auf www.biodiversitaet-sichern.de empfehlen. Dort präsentieren Unternehmen ihre Biodiversitätsprojekte und zeigen dabei ihr Engagement auf.

Abfrage mit Ausschnittkarte
Beispielansicht 1 Biodiversitätsdatenbank: Darstellung der punktscharfen Ergebnisse einer Monitoring-Erfassung
Abfrage Karte Diagramm Gefaehrdung Rote Liste
Beispielansicht 2 Biodiversitätsdatenbank: Kartenabfrage mit Diagrammansicht, Verteilung gefährdeter Arten gemäß Roter Liste

WhereGroup: Die Projektkonstellation zeichnete sich bei der Entwicklung dieser Datenbank durch die Beteiligung von sehr vielen und sehr unterschiedlichen Protagonisten aus. Wie war aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit mit der WhereGroup?

Tanja Lenz: Um es klar zu sagen: Ohne die WhereGroup gäbe es heute keine Biodiversitätsdatenbank. Ja, Unternehmen und Verbände bringen die Bereitschaft und auch die finanzielle Power für das Projekt mit, aber wie komplex am Ende die technische Umsetzung war, wurde von uns vielfach unterschätzt. Wir sind daher sehr froh über die Kooperation und schätzen die produktive Arbeitsteilung.

WhereGroup: Abschließend noch eine letzte Frage: Sie – bzw. ihre Mitglieder – arbeiten nun schon seit einigen Jahren mit der von uns entwickelten Datenbank. Welches Feedback erhalten Sie hinsichtlich der Usability?

Tanja Lenz: Gerade zu Beginn der Datenbank haben wir häufiger das Feedback erhalten, dass das datenbankkonforme Eintragen der Daten zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Aus Sicht der Nutzer kann ich das auch nachvollziehen, da die Daten in den Unternehmen bereits vorlagen und nochmals anders aufbereitet werden müssen. Der bbs bietet daher für interessierte Unternehmen mehrmals im Jahr Webinare an und zeigt dabei auf, wie man Daten am schnellsten aufbereitet und in die Datenbank einträgt.

Aber wir sind noch lange nicht am Ziel: Wir brauchen noch viel mehr Unternehmen und Daten, damit die Datenbank ihre volle Wirkung entfalten kann. Auch bei der Usability konnten wir in den letzten Jahren vieles verbessern, dennoch gibt es an einigen Stellen immer noch Luft nach oben. Wir freuen uns daher, die Zusammenarbeit der letzten Jahre mit Ihnen fortzusetzen.

Filterkriterium hinzufügen
Beispielansicht Biodiversitätsdatenbank 3: Filterkriterium hinzufügen
Häufigkeit Karte
Beispielansicht Biodiversitätsdatenbank 4: Karte Häufigkeitsverteilung mit regionaler Zuordnung

 

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Tanja Lenz

Wir sprachen mit Tanja Lenz, Leiterin Reporting und Statistik beim Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden e.V., die die Entwicklung der Datenbank koordiniert hat.

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